BASISQUALITÄT und KRISENSZENARIEN: Das Beste aus einer schlechten Situation machen!?!
Unter schlechten Rahmenbedingungen (unzureichende Personalschlüssel, viele Familien mit Unterstützungsbedarf, viele Migrationskinder etc.) und in Notsituationen (Personalausfälle durch Krankheit, unbesetzte Stellen, Notbetreuung etc.) besteht immer das Risiko, dass die Stimmung bei einzelnen Mitarbeiter*innen und im gesamten Team "in den Keller geht". Offensichtlich ist dann wenig mehr als die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht möglich und es gerät aus dem Blick, was vorbeugend bzw. vorbereitend hätte getan werden können und was kompetente und engagierte Fachkräfte und Leitung, gut aufgestellte und vom Träger unterstütze und begleitete Teams auch in angespannten, schwierigen und überfordernden Situationen an Basisqualität absichern und welche Krisenszenarien sie umsetzen können.
Dabei geht es nicht darum, schlechte Rahmenbedingungen und Notsituationen schön zu reden, sondern darum sich der eigenen Stärken und Gestaltungsmöglichkeiten zu vergewissern und letztere auch umzusetzen. Hierzu im folgenden Anregungen und Vorschläge in vier Bereichen:
1. Basisqualität in der Pädagogik
2. Zusammenarbeit mit den Eltern
3. Stärkung des Teams
4. Umgang mit Ressourcen
Aufgrund der Unterschiedlichkeit der einzelnen Kindertageseinrichtungen (Größe, Standort, Ausstattung, Einzugsgebiet, Teamsituation, Träger, Zusammenarbeit mit den Eltern usw.) ist mit Blick auf die einzelne Kita dann zu überprüfen und zu entscheiden, welche der Anregungen und Vorschläge in welchem Umfang, mit welcher Geschwindigkleit etc. umgesetzt werden können – und welche nicht. Und es werden, wenn man sich auf den Weg macht, wahrscheinlich auch noch neue und zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten sichtbar…
1. Basisqualität in der Pädagogik
Kinder wollen die Welt verstehen und sie gestalten. Jedes Kind macht sich auf SEINEN Weg, alleine und in der Gemeinschaft und im Kontakt zu, mit Unterstützung von und in Beziehung zu Erwachsenen. Ihre Entwicklung, ihre Themen, ihre Geschwindigkeit, ihre Bedürfnisse, Interessen und Wünsche sind sehr individuell… Sie lernen im Spiel, mal alleine, oft zusammen mit anderen und von anderen Kindern, nehmen Hilfe an oder helfen anderen, klären ihre Zuständigkeiten und Rollen untereinander und natürlich auch durch Anregungen und Impulse von Erwachsenen, deren Begleitung und Hilfestellungen. Die Kita ist ein Ort, der hierauf zugeschnitten ist, dessen Organisationszweck in der Begleitung und Unterstützung der Entwicklung von Kindern liegt. Die entscheidenden ‚Bausteine‘ dafür, dass dies gelingt, für `gute Arbeit´ in der Kita, sind die Fachkräfte, deren Kompetenz, deren Erfahrung und deren Motivation. Dabei lassen sich vier Qualitätsebenen unterscheiden:
I. Gute Rahmenbedingungen, z.B. Gestaltung der Räumlichkeiten und des Außengeländes als lernanregender Umgebung, bereitgestellte Spiele und Materialien etc.
II. Impulse, Angebote und Projekte durch die Fachkräfte
III. Indviduelle Begleitung und Unterstützung von Lernprozessen einzelner Kinder
IV. Ermöglichung und Unterstützung der Selbstorganisation, der Selbst- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Kinder sowie von Lernprozessen der Kinder mit- und untereinander.
Es ist offensichtlich, dass die „individuelle Begleitung und Unterstützung einzelner Kinder“ (siehe III.) besonders personalintensiv ist und damit bei Personalengpässen am ehesten eingeschränkt werden muss. Das ist bedauerlich – keine Frage. Und wir bräuchten – auch das ist ja schon lange ein Thema – insgesamt deutlich bessere Personalschlüssel (siehe Blog vom 03.06.2018), um dies kontinuierlich – also auch in Situationen ohne Personalausfälle – umsetzen zu können. Dies gilt gleichermaßen für „Angebote und Projekte“ (siehe II.), deren Planung und Umsetzung auch entsprechende personelle Ressourcen erfordert. – Wenn eine Situation personeller Engpässe eintritt, heißt das aber nicht, dass die Kita zwangsläufig zur Verwahranstalt wird und nur noch die Aufsichtspflicht umgesetzt werden kann. Das selbstbildende Freispiel als wichtiger Baustein der BASISQUALITÄT gewinnt an Bedeutung. Im folgenden Hinweise und Anregungen zu dessen Stärkung. Mit BASISQUALITÄT ist die Qualität gemeint, die auch in einer personell angespannten Situation umgesetzt werden kann. Damit sind wir vor allem bei den I. Rahmenbedingungen und der IV. Stärkung der Kinder. Hierzu folgende Anregungen:
– Lernanregende Umgebung: Räumlichkeiten mit einer für die Kinder übersichtlichen und nachvollziehbaren Anordnung von Spielmaterialien, zu denen die Kinder auch – alters- und entwicklungsgemäß – eigenständig Zugang haben. Die bereitgestellten Materialien und die Raumgestaltung sollten regelmäßig den aktuellen Bedürfnissen und Wünschen der Kinder angepasst werden. Dabei sollten die Kinder miteinbezogen werden; ebenso in die Entscheidungen über die Anschaffung neuer Spielmaterialien etc. Die Kinder müssen das `Gefühl´ entwickeln: Das sind unsere Räumlichkeiten und Materialien!
– Schwerpunkte in den Gruppen: Es bietet sich an, in den einzelnen Gruppenräumen verschiedene thematische Schwerpunkte bei der Ausstattung zu setzen, z.B. Malatelier, Werkstatt, Bücherei, Bewegung etc. Auch diese sollten allen Kindern vertraut sein. So erweitert man für sie die Möglichkeiten der Auswahl, der Beschäftigung im Freispiel usw.
– Außengelände: Gleiches gilt für das Außengelände – auch dieses sollte abwechslungsreich sein, vielfältige Bewegungsmöglichkeiten, Rückzugsräume, Pflanzen, Beete, ggf. auch Tiere etc. bieten. Auch in die Gestaltung des Außengeländes kann man die Kinder miteinbeziehen…
– Partizipation und Kinder lernen von Kindern: Die Partizipation bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, das Selbstvertrauen und die Selbststeuerung von Kindern zu stärken.(siehe Blog 01.11.2018 und Blog 20.09.2017). Und es ist wichtig den Blick darauf zu richten, wie die Kinder miteinander umgehen, sie dabei zu unterstützen und in ihrer Selbstständigkeit zu fördern, dass und wie sie voneinander lernen, sich gegenseitig wertschätzen und helfen, ihre Rollen in der Gruppe finden und diese kontinuierlich anpassen und verändern, mit Interessenkonflikten und Meinungsunterschieden lösungsorientiert, konstruktiv und Konsens suchend umgehen…
– Gruppenübergreifende Zusammenarbeit: Kindern – je jünger sie sind – gibt die Zugehörigigkeit zu einer überschaubaren Gruppe in der Regel Geborgenheit, Orientierung und Sicherheit. Trotzdem ist es wichtig ihnen den Zugang zu anderen Gruppenräumen, den Kindern und Fachkräften anderer Gruppen zu ermöglichen. Man kann ihnen – alters- und entwicklungsgemäß – entsprechende Angebote machen, Möglichkeiten eröffnen und Freiräume schaffen, die sie dann selbstbestimmt (siehe Partizipation) annehmen können (oder auch nicht) und bzgl. des Umfangs, der Intensität und der Dauer eigenständig gestalten und umsetzen. So wird es den Kindern, wenn z.B. ihre Gruppenfachkräfte ausfallen, leichter fallen, damit umzugehen, dass die ihnen durch die täglichen Kontakte vertrauten Fachkräfte nicht päsent sind, sie von den Fachkräften anderer Gruppen begleitet werden und in Kontakt mit den Kindern anderer Gruppen kommen, da ihnen solche Situationen und Konstellationen zumindest in gewissem Umfang schon vertraut. Das trifft umgekehrt auch auf die Fachkräfte zu, die es einfacher haben, mit den Kindern anderer Gruppen in Beziehung zu treten, wenn es diesbezüglich schon Vorerfahrungen gibt, an die sie anküpfen können.
– Bildungs- und Entwicklungsdokumentation: Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang auch der schnelle und einfache (möglichst digitale) Zugang für die Fachkräfte auch zu den Portfolios der Kinder anderer Gruppen, also der Dokumentation und Einordnung ihrer Aktvitäten, Interessen, Lernprozesse, Freundschaften usw., um sich schnell ein Bild machen zu können, mit welchen Themen ein Kind gerade unterwegs ist, wie es sich Dinge aneignet, was seine Rolle in der Gruppe ist, was seine Erwartungen an die Erwachsenen sind, welche Impulse ihm weiterhelfen könnten usw. Das setzt eine Ausrichtung der Portfioarbeit, die eine schnelle Orientierung ermöglicht; hierzu ein Vorschlag zur Systematik der Bildungs- und Entwicklungsdokumentation.
Insgesamt geht es darum, die Kinder in ihrer Selbstständigkeit und Kreativität zu stärken und sie auf Situationen mit personellen Engpässen vorzubereiten. Sie sollen sich in ihrer Einrichtung gut auskennen, an gemeinsame Erfahrungen mit Kindern und Fachkräften aus anderen Gruppen anknüpfen können und gelernt haben, im Freispiel – alleine und/oder mit anderen Kindern – ihren Interessen, Bedürfnissen und Wünschen nachgehen zu können. Dem zugrunde liegt folgendes Verständnis kindlicher Lernprozesse: Sog statt Druck (siehe Blog vom 13.07.2018). Auch spielzeugfreie Phasen können die Kinder darauf vorbereiten, sich eigenständig/er – ohne intensive fachliche Begleitung – zu organsieren, zu beschäftigen, ins Spiel zu finden etc.
2. Zusammenarbeit mit den Eltern
Eltern haben für ihr Kind einen Kita-Platz mit einem bestimmtern Stundenkontingent gebucht und wollen diesen natürlich auch in dem Umfang in Anspruch nehmen, um ihren beruflchen, familiären und sonstigen alttagsbezogenen Verpflichtungen, Anforderungen und Interessen nachkommen zu können. Und sie möchten, dass ihr Kind in der Kita gut betreut und begleitet wird. Wenn Letzteres nicht mehr gewährleistet ist, entsteht ein Konflikpotenzial. Und spätestens wenn die vereinbarten Betreuungszeiten (Stichwort Notbetreuung) reduziert werden müssen, kann dies auch eskalieren. Um dies zu verhindern, sind Transparenz über die personelle Situation für die Eltern und die verlässliche und kontinuierliche Kommunikation mit ihnen von hoher Bedeutung. Ein wichtiger Kooperationspartner ist in diesem Zusammenhang der Elternrat. Die Kommunikation mit den Eltern zu diesem Themenkomplex sollte nicht erst beginnen, wenn die personelle Situation schwierig wird oder sich zuspitzt.
Eltern – und das ist mit Transparenz gemeint – sollten frühzeitig und kontinuierlich über die personelle Situation und über die Konsequenzen möglicher Personalausfälle informiert werden. Sie sollten wissen, unter welchen Bedingungen die Lernbegleitung und Förderung der Kinder nicht mehr den Ansprüchen der Fachkräfte gemäß und wie in der Konzeption verankert umgesetzt werden und dass es in Notsituationen zu einer Reduzierung der Öffnungszeiten, zu Gruppenschließungen etc. kommen kann. Viele Kitas benutzen mittlerweile eine Personalampel (Beispiel Kinderhort Löwenried), die den Eltern, wenn sie morgens ihr Kind bringen, im Eingangsbereich die aktuelle personelle Situation spiegelt.
Und es wichtig mit den Eltern darüber ins Gespräch zu kommen, wie mögliche Krisenszenarien ggf. abgefedert werden und welchen Beitrag einzelne Eltern im Kontext ihrer Möglichkeiten dazu leisten könnten. Dabei lässt sich möglicherweise an den Erfahrungen der Eltern aus den Kita-Schließungen während der Coronapandemie (siehe Blog vom 14.06.2020) anknüpfen. Hierzu einige Ansatzpunkte, über die man mit ihnen das Gespräch suchen sollte:
– Spielraum der Eltern: An welchen Tagen und in welchem Umfang wäre eine Reduzierung der gebuchten Stunden problemlos bzw. notfalls möglich?
– Eltern untereinander: Können einzelne Eltern (oder weitere Angehörige) sich gegenseitig unterstützen, indem sie z.B. nachmittags oder auch ganztätgi im Wechsel ihre Kinder zuhause betreuen?
– Unterstützung in der Kita: Können einzelne Eltern (oder weitere Angehörige) in den Randzeiten der Betreuung oder sogar während des gesamten Kitatages die Fachkräfte durch ihre Anwesenheit und die Übernahme organisatorischer Aufgaben entlasten sowie – bei entsprechenden Kenntnissen und Kompetenzen – in die pädagogische Betreuung eingebunden werden oder sogar Spiel- und Bildungsangebote für einzelne Kinder übernehmen?
Die Vorbereitung solcher Entlastungskonzepte bzw. Notfallpäne, von denen wir hoffen, dass sie nie praktiziert werden müssen, ist ein anspruchsvoller Prozess. Der Elternrat muss hier zustimmen und eingebunden sein. Die inviduellen Möglichkeiten einzelner Familien werden auch Thema in Einzelgesprächen mit den Eltern und auf Elternabenden sein. Und im Rat der Tageseinrichtung (§ 9a Elternmitwirkung im Kinderbildungsgesetz (KiBiz) NRW) muss die einrichtungsspezifische Zusammenführung erfolgen. Hierbei ist der Träger (siehe hierzu auch Punkt 3.) einzubinden. Elterninitiativen werden sich diesbezüglich einfacher auf den Weg machen können – aus zwei Gründen: Die Eltern sind gleichzeitig auch in der Trägerverantwortung und die Größe der Elterninitiativen, die in den meisten Fällen ein- oder zweigruppig sind, vereinfacht in der Regel die Kommunikation untereinander und die Gestaltung von Veränderungen. Die erfolgreiche und intensive Einbindung der Eltern in die Umsetzung von Krisenszenarien hat zur Voraussetzung, dass Leitung und Träger Transparenz über die reduzierten Betreuungsmöglichkeiten und den möglichen Umgang mit diesen herstellen, eine offene, verbindliche und unterschiedliche Interessen aushandelnde Kommunikation mit und unter den Eltern gestalten sowie von alle Beteiligten akzeptierte verbindliche Lösungen auf den Weg bringen. Nur dann wird es Akzeptanz finden, dass einzelne Eltern zugunsten anderer Eltern auf Betreuungszeiten verzichten, Aufgaben zur Entlastung der Fachkräfte übernehmen, ggf. Kinder anderer Eltern stundenweise bei sich zuhause betreuen usw. Das umzusetzen ist in der Tat nicht einfach! Hier geht es um das Verständnis der unterschiedlichen Lebenssituationen einzelner Eltern (z.B. Alleinerziehend, kein Home Office möglich, Vollzeit oder Teilzeit, Unterstützung durch Angehörige etc.), die Bereitschaft eigene Interessen zugunsten der Unterstützung anderer zurückzustellen, Beziehungsentwicklung unter den Eltern sowie die Identifikation mit der Kita insgesamt und den auf den Weg gebrachten Lösungen. Wir schaffen das!
Exkurs Notbetreuung: Die (erfolgreiche) Einbeziehung der Eltern entlässt Träger und Leitung aber nicht aus der letztendlichen Verantwortung für die Organisation des Kita-Alltags und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Wenn aufgrund von Personalausfällen nur noch eine Notbetreuung möglich ist, kann diese bei erfolgreicher Einbindung der Eltern zwar abgemildert werden. Die gesetzlichen Vorgaben für die Mindestbetreuung können aber durch Elternbeschlüsse nicht außer Kraft gesetzt werden. Hierzu ein Beispiel: Eine katholische Kita in Sankt Augustin hat 41 Kitaplätze und kann durch Personalausfälle – es stehen nur zwei Vollzeitkräfte und die Leitung zur Verfügung – aber nur 22 Kinder gleichzeitig betreuen. Das heißt, es können nur ca. 60 Prozent der wöchentlichen Betreuungszeiten in Anspruch genommen werden. Die Leitung hat dies zeitnah an die Eltern kommuniziert und mit diesen abgestimmt, welche Kinder an welchen Tagen in die Kita kommen, ohne dass die Zahl von 22 Kindern überschritten wird. So konnte die Betreuungssituation an die Anforderungen und die Möglichkeiten der Eltern im Wochenverlauf (z.b. freie Tage, Arbeitszeiten, Einbindung Angehöriger etc.) angepasst werden. Nachdem dies mit den Eltern abgestimmt war, gab es noch sechs freie Plätze im Verlauf einer Woche, die dann unter den Eltern verlost wurden, da es nicht möglich war sich zeitnah über mögliche Vergabekriterien zuverständigen und die Diskussion darüber möglicherweise auch zu Konkurrenz, Konflikten, Gefühlen der Benachteiligung etc. in der Elternschaft und damit zu schlechter Stimmung geführt hätte.
3. Stärkung des Teams
Es geht zentral um die Stärkung des Wir-Gefühls im Team und die Verknüpfung der individuellen und gemeinsamen Verantwortung der Fachkräfte für die pädagogische Arbeit sowie die Erfahrung und Zuversicht, Krisensituationen mit Unterstützung durch den Träger lösungsorientiert und fachlich ausgerichtet bewältigen zu können. Träger und Leitung sind hier gefordert, jede enzelne Fachkraft zu unterstützen und zu stärken sowie eine auf Kooperation ausgerichtete Teamkultur auf den Weg zu bringen. Dazu mit Blick auf die beteiligten Akteure:
Der Träger begleitet die Entwicklung der Kita und setzt den Rahmen für die Arbeit durch:
– den kontinuierlichen Kontakt mit der Leitung und regelmäßigen Austausch über die Qualität der Arbeit in der Einrichtung und die Kooperation im Team sowie deren Weiterentwicklung;
– die Begleitung der Leitung und des Teams bei der Entwicklung und Umsetzung der internen Zusammenarbeit und Rollenentwicklung, dem Aufbau einer internen Feedback- und Konfliktkultur;
– die Vorgabe eines Verhaltenskodexes im Umgang mit den Kindern: Kindeswohl, Kinderschutz, Selbstbestimmung (siehe hierzu den Blog vom 18.02.2021 von Sonja Billmann);
– die Unterstützung bei der Gestaltung der Zusammenarbeit mit den Eltern, Herstellung von Transparenz, Klärung von Interessenkonflikten etc.;
– die Unterstützung bei der Vorbereitung auf Krisenszenarien und der einrichtungsbezogenen Umsetzung von Basisqualität (siehe 1.), der Zusammenarbeit mit den Eltern (siehe 2.) und dem Umgang mit Ressourcen (siehe 4.) und
– Ermöglichung externer Unterstützung, die Bereitstellung von Ressourcen für Fortbildung, Coaching, Supervision etc..
Die Leitung führt ihr Team und sorgt für:
– pädagogischen Gestaltungsspielraum in der Arbeit mit den Kindern und der Zusammenarbeit mit den Eltern;
– Verfügungszeiten für jede Fachkraft, Entwicklung von Stärken jeder einzelnen Fachkraft, deren Umsetzung und Einbindung in kooperative Strukturen;
– kontinuierliche gruppenübergreifende Zusammenarbeit incl. des Austausches über einzelne Kinder: Fallbesprechungen;
– Umsetzung des Verhaltenskodexes zum Kinderschutz,
– Feedbackkultur, Empathiefähigkeit und Klärung von Konflikten unter den Fachkräften;
– Zusammenarbeit mit und Einbeziehung der Eltern; Transparenz, Feedbackkultur etc.
– Einbindung externer Kräfte (incl. Ehrenamtler*innen) zur Steigerung der Qualität und Entlastung der Fachkräfte (siehe 4.);
– Vorbereitung auf Krisenszenarien: Basisqualität, Zusammenarbeit mit Eltern, Umgang mit Ressourcen (siehe 1., 2. und 4.) und
– Einbeziehung des Trägers sowie die Hinzuziehung externer Unterstützung (Konfliktklärung, Fortbildung, Coaching etc.).
Jede Fachkraft
– nutzt ihre Gestaltungsspielräume in in der Begleitung und Förderung der Kinder und der Zusammenarbeit mit den Eltern;
– setzt ihre Stärken um und findet ihre Rolle im Team, arbeitet auch gruppenübergreifend;
– identifiziert sich mit dem Verhaltenskodex zum Kinderschutz;
– bringt sich ein im kontinuierlichen Austausch mit ihren Kolleg*innen und der Leitung;
– gibt Feedback, spricht Konflikte an und sucht nach Lösungen; hat dabei immer auch das GANZE im Blick;
– sucht den Austausch und den Kontakt mit den Eltern, stellt Transparenz her, ermutigt die Eltern Ideen, Vorschläge, Kritik etc. zu formulieren etc. und
– bereitet sich individuell und im Team auf die Krisenszenarien (siehe 1., 2. und 4.) vor.
Die drei Akteure sind zusammenzuführen, sie müssen an `einem Strang ziehen`. Der Träger steht dabei in der letztendlichen Verantwortung! Er setzt den Rahmen: Der Leitung kommt die Schlüsselrolle zu: Sie muss ihr Team führen und den Träger fordern und einbinden! Insofern gibt es keine einfachen Lösungen. Die Umsetzung von Basisqualität und die Vorbereitung auf Krisensituationen muss eingebettet werden in ein pädagogisches Gesamtkonzept und in eine kommunikativ, partizipatorisch und lösungsorientiert ausgerichtete Team- und Führungskultur, die Leitungen und Fachkräfte/n ermutigt, zugesteht und unterstützt, den für ihre Einrichtung bestmöglichen Weg zu finden und zu beschreiten.
4. Umgang mit Ressourcen
Das Personal ist die wichtigste Ressource in der Kita. Die Präsenz und Kompetenzen der Fachkräfte sind die Voraussetzung für die Erfüllung der Aufsichtspflicht, die Gestaltung guter Rahmenbedingungen sowie die Lernbegleitung und Förderung jedes Kindes – oder um es prägnant auf den Punkt zu bringen: für ‚gute Arbeit‘! Deswegen ist es wichtig, die Risiken möglicher personeller Engpässe weitestgehend einzuschränken und die personellen Ressourcen auf die Aktivitäten zu fokussieren, die maßgeblich für die Umsetzung der fachlichen (konzeptionellen) Anforderungen an die pädagogische Arbeit (siehe hierzu auch Punkt 1.), für deren Qualität, sind (Konzeptions- und Qualitätsentwicklung zusammenführen). Hierzu folgende Vorschläge:
– Vermeidung von Überstunden: Durchführung, soweit möglich, aller Aktiviäten und Veranstaltungen ausschließlich in den regulären Dienstzeiten, um Überstunden, die dann während der Öffnungszeiten, abgebaut werden, zu vermeiden. Hierzu gehören z.B. Wochenendveranstaltungen wie das Sommerfest, das auch am Freitagnachmittag stattfinden kann. Weitere Elternveranstaltungen, an denen Fachkräfte beteiligt sind, sollten soweit möglich nachmittags während der Öffnungszeiten durchgeführt werden; Vorteil für die Eltern: Ihre Kinder werden in der Kita betreut. Und: Genau hingucken, welche Fachkräfte an den jeweiligen Terminen, Veranstaltungen teilnehmen; es müssen NICHT immer ALLE dabei sein…
– Honorarkräfte und externe Angebote: Kitas – und Familienzentren in NRW in besonderem Maße – verfügen über Mittel, um externe Fachkräfte zu bestimmten Themen (z.B. Bewegung, Sprache, Malerei etc.) und Angebote (z.B. Musikschule, Zirkusprojekte etc.) einzubinden; manchmal finden auch therapeutische Angebote für einzlne Kinder (z.B. Logopädie) in der Kita statt. Alle diese Aktivitäten sollten systematisch so in die Wochen – und Tagesplanung eingebunden werden, dass sie im Bedarfsfall Personalengpässe ein Stück weit abfedern. D.h.: 1. möglichst viele externe Kräfte einbinden; 2. deren Aktivitäten zu den Zeiten terminieren, wenn die meisten Kinder in der Kita sind; das schafft Entlastung für die Fachkräfte. 3. die externen Kräfte – soweit möglich – konzeptionell einbinden, so dass diese auch Rückmeldungen zur Entwicklung einzelner Kinder (z.B. für das Portfolio) geben und – so sie zeitlich flexibel sind – in Notsituationen kurzfristig in der Tagesbetreuung aushelfen.
– Schließ- und Öffnungszeiten: Da die Schließzeiten und die über 9h hinausgehenden Tagesöffnungszeiten (zumindest in NRW) nicht in die Stellenschlüssel eingepreist werden, sollten Träger und Einrichtungen – natürlich in enger Absprache mit den Eltern – das Maximum der Schließtage (Obergrenze 30 – siehe KiBiz § 13e) umsetzen, damit möglichst wenig Urlaubstage während der Öffnungszeiten genommen werden müssen. Auch die Beschränkung der Öffnungszeiten auf maximal 9h am Tag kann die personelle Situation entspannen.
– Alltagshelfer*innen, Praktikant*innen, FSJ etc.: Das während Corona aufgelegte Programm der Alltagshelfer*innen wird – mit Blick auf den sich verschärfenden Fachkräftemangel – in NRW bis zur nächsten Landtagswahl (2027) von Schwarz-Grün fortgesetzt (siehe Blog vom 02.10.2023). Träger und Kitas sind gut beraten, dieses Programm zu nutzen, um die Fachkräfte zu entlasten. Dies ist auch möglich durch Praktikant*innen, wenn diese für die Arbeit in Kitas motiviert sind und gut eingebunden werden. Dies trifft ebenfalls zu auf junge Menschen, die ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) machen wollen. Das ist gut investiertes Geld. Möglicherweise kann man durch die Umschichtung von Mitteln (z.B. weniger neues Spielmaterial), die Mobilisierung von Spenden die dafür benötigten Mittel bereitstellen.
– Fitte Ehrenamtliche: Es ist sinnvoll ein Konzept zu entwickeln, für welche Aufgaben und in welcher Form man ehrenamtliche Mitarbeiter*innen gewinnen will und einbinden kann. Diese können Unterstützung im pädagogischen Bereich (z.B.Lesepate*innen), aber auch bei Verwaltungs-, Aufräumarbeiten etc. leisten. Das schafft Entlastung und mehr Freiraum für die Fachkräfte. Auch bei den Ehrenamtlichen bietet es sich an, mit Blick auf Krisensituation abzuklären, ob und in welcher Form sie bei Bedarf (kurzfristig) umfangreicher zur Verfügung stehen könnten.
Soweit meine Überlegungen und Anregungen für einen bestmöglichen – lösungsorientierten und selbstbewussten – Umgang mit schwierigen Rahmenbedingungen, Personalausfällen und -engpässen. Es sind die Fachkräfte, die in der täglichen Arbeit in der Betreuung und Unterstützung der Kinder, im Austausch mit den Eltern und der Zusammenarbeit im Team die `gute Arbeit´ herstellen. Das sollte man sich bewusst machen, um nicht in Frustration und Resignation zu versinken, das Arbeitsfeld Kita zu verlassen usw. – aber massiv mit der Forderung an die Politik (Stellungnahmen, Demonstrationen und Kundgebungen, Streiks etc.), nicht nur Symbolpolitik (= Mängelverwaltung) zu machen, sondern das Thema Bildung so aufzulegen und anzugehen, wie es die Kinder, vor allem die aus sozial schwachen und Migrationsfamilien, die Eltern und die Fachkräfte brauchen. Es geht um Bildung, Bildungsgerechtigkeit und auch die zukünftige Qualifikation von Arbeitskräften sowie um mündige Bürger*innen, die unsere Wirtschaftskraft stärken, den Klimaschutz voranbringen und für die Demokratie einstehen. Wir brauchen eine Sondervermögen Bildung.
Nachtrag 1: Viele Anregungen und Hnweise in diesem Beitrag verdanke ich meinen regelmäßigen Kontakten zu Kindertagesstätten. Mein besonderer Dank gilt den Leitungen der katholischen Kita in Sankt Augustin, mit denen ich in den letzen Monaten mehrfach die Gelegenheit hatte, diesen Themenkomplex zu besprechen und nachzuvollziehen, wie Träger und Leitungen mit Personalengpässen umgehen. Und: Hier noch der Hinweis auf zwei Veröffentlichungen von Michael Schrader, die in diesem Kontext von Interesse sein könnten: Irgendetwas geht immer – Gestaltungsspielräume trotz schlechter Rahmenbedingungen nutzen – und: Dem Anforderungsdruck begegnen – Wie Leitungen und Teams Veränderungen meistern.
Nachtrag 2: Dieser Blogbeitrag steht im Zusammenhang mit zwei anderen Blogbeiträgen der letzten Monate. Auf die „BASISQUALITÄT und KRISENSZENARIEN“, also darauf wie man „Das Beste aus einer schlechten Situation machen“ kann, bin erst gekommen, nachdem mir klar geworden ist, dass wir uns auf eine Bildungskatastrophe (siehe Blog vom 12.02.2023 Programme, Marathon und Maßnahmen, Doppelwumms) hin bewegen (oder auch schon drin sind), die sowohl die Elementarbildung als auch das Schulsystem betreffen UND dass aktuell die Politik – auf Bundes- und Landesebene – nicht mehr als Mängelverwaltung (siehe Blog vom 27.06.2023 Was ist Politik? – Gestaltung der Zukunft oder Mängelverwaltung) hinbekommt, so dass wir uns darauf einstellen müssen, dass sich die Lage in Kitas und Schulen in den nächsten Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit weiter verschlechtern und zuspitzen wird. Stärken wir unsere Motivation und unser Selbstvertrauen, indem wir „Das Beste aus einer schlechten Situation machen“. Kitas sind systemrelevant (siehe Blog Michael Süßbeck vom 29.04.2020 Kitas sind MEHR als systemrelevant – Die Perspektive der Kinder!). Die Fachkräfte stellen die bestmögliche `gute Arbeit´ her!