Kindsein in Zeiten von Corona – Untersuchung Deutsches Jugendinstitut (DJI)

Kein gutes Feedback zu den Aktivitäten der Mehrzahl der Kitas und Schulen
„Mehr als jedes vierte Kind erlebt aber in dieser Situation nach Einschätzung der Eltern auch Gefühle der Einsamkeit. Die Kindertageseinrichtungen und Schulen tragen während dieser Ausnahmesituation nur wenig zu einer Milderung bei, denn der Kontakt zu den Erzieher/innen und Lehrkräften bricht in vielen Fällen ein. Dies betrifft vor allem Kindergarten- und auch Grundschulkinder, die viel mehr auf direkte Nähe und auf einen greifbaren Austausch und gemeinsames spiel angewiesen sind. Mit zunehmendem Alter wird der Kontakt zu den Lehrkräften stärker über E-Mails aufrechterhalten: So werden zum Beispiel schulische Aufgaben per E-Mail vermittelt, die Betreuung der Aufgaben obliegt dann aber wieder den oft schon überlasteten Eltern.“ (Seite 25 - Den vollständigen Bericht können Sie am Ende des Blogs downloaden.)

So lautet das Fazit dieser Studie des Deutschen Jugendinstituts „zum veränderten Alltag und zum Wohlbefinden von Kindern… im Alter von 3 bis 15 Jahren“ (Seite 1). Für diese Studie haben zwischen dem 22.04. und dem 4.5.2020 8.127 Personen aus allen 16 Bundesländern einen Fragebogen zu drei Themenschwerpunkten ausgefüllt:
1. Betreuungssituation der Kinder und Kontakt zu Fach- und Lehrkräften
2. Veränderungen in der Zeit- und Freizeitgestaltung
3. Situation in den Familien und Wohlbefinden der Kinder
An dieser Studie haben sich „überwiegend Familien mit hohen Bildungsabschlüssen (beteiligt): 81 Prozent der teilnehmenden Familien gaben an, dass mindestens ein Elternteil die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife/ Abitur hat.“ (Seite 2) – Im Folgenden eine Auswahl der Ergebnisse:

Kontakt der Kinder zu pädagogischen Fachkräften und Lehrkräften (Seite 5)
Die folgende Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Häufigkeit der Nutzung neun unterschiedlicher Kontaktmöglichkeiten  zu den Kindern durch die Fach- und Lehrkräfte. Die Hauptfarbe der Tabelle ist „rot“. Sie steht für „nie“. Das heißt, die vom Grunde her vorhandenen Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und -gestaltung zu den Kindern zuhause sind von den Profis kaum bzw. sehr eingeschränkt genutzt worden. Da unterscheiden sich Kitas und Schulen nur unwesentlich.

Fazit: „Obwohl zahlreiche Kanäle zur Verfügung stehen, um mit den Kindern zu kommunizieren, und praktisch alle Haushalte mit digitaler Technik ausgestattet sind, werden diese nur in geringem Umfang durch die pädagogischen Fachkräfte genutzt.“ Seite 8) Dies hat sicher auch damit zu tun, dass viele Fachkräfte mit dem Umgang vor allem mit digitalen Kommunikations-medien (z.B. Videochat, Videobotschaften etc.) bisher wenig vertraut waren. Es liegt aber sicher auch daran, dass sie von den Leitungen und den Trägern hierzu nicht intensiver angehalten und entsprechend unterstützt worden sind. Letztendlich entscheidend bei der produktiven Bewältigung von Krisen sind eine partizipative Führungskonzepte, eine gute Teamkultur und natürlich die Identifikation mit und die Leidenschaft für die Kinder. Dass die Kommunikation mit den Kindern in ihrem häuslichen Umfeld möglich ist, machen die Vielzahl von gelungenen Bespielen aus unserem Blog in den letzten zwei Monaten mehr als deutlich. Sie sind – offensichtlich – leider die Ausnahme! Hier exemplarisch einige Blogs, die nachvollziehbar machen, was geht und wie es geht: Die Kinderperspektive auf Corona und das Quasselfenster in MoersDie kleinen, hummeligen Abenteurer in Hinte + Erfahrungsberichte aus den Kitas – Lernende Organisationen.

Weitere Ergebnisse
Auf einige weitere Ergebnisse sei an dieser Stelle noch kurz hingewiesen. Abbildung 1: Ca. 60 Prozent der Eltern von Kindergartenkindern nahmen bei der häuslichen Betreuung keine weitere Hilfe oder Unterstützung in Anspruch. Am häufigsten wurden mit 18 Prozent die Großeltern in Anspruch genommen. Abbildung 6: Die meisten dieser Eltern mussten ja nicht nur ihre Kinder 24h am Tag betreuen, sondern auch noch ihre Arbeit im Homo Office erledigen. Dadurch stieg der Druck, nahm das Konfliktpotenzial in den Familien zu. In mehr als 60 Prozent der Familien kam es häufig bzw. sehr häufig zu Reiberein. Abbildung 8 und 9 gehen noch mal  genauer auf die Situation der Kinder ein: Deutlich mehr als die Hälfte aller Kinder fühlen sich alleine bzw. ausgeschlossen und ein Drittel bis die Hälfte aller Kinder kommt nach der Einschätzung ihrer Eltern mit der aktuellen Sitaution „gar nciht gut“ oder „eher nicht gut“ zurecht. Dabei ist der Anteil der Kinder aus Familien mit geringem Haushaltseinkommen signifikant höher. – Hier finden Sie die vollständigen Bericht des Deutschen Jugendinstituts: Kindsein in Zeiten von Corona – Erste Ergebnisse zum veränderten Alltag und zum Wohlbefinden von Kindern (09. Mai 2020).