Kita Filou e.V. Münster – Tagebuch zum Umgang mit der Coronakrise

3. Blogeintrag
Die Kita Filou ist eine Elterninitiative in Münster. Hier werden 15 Kinder im Alter von einem Jahr bis zur Einschulung betreut - ganztags. Die Elterninitiative gibt es ist 1984. Zum pädagogischen Team gehören aktuell 10 Personen, zum Teil in Teilzeit und incl. Praktikant*innen. Der Verein ist Mitglied bei Eltern helfen Eltern e.V. (EHE), die die Elterninitiativen in Münster unterstützen und beraten. Ich bin im regelmäßigen Austausch mit Andrea Neßelrath, die als pädagogische Fachkraft in der Einrichtung arbeitet, und uns in den nächsten Wochen regelmäßig Einblick gibt in ihre Erfahrungen und Erlebnisse, wie das Team der Kita sich in Zeiten von Corona organisiert und zum Teil neu aufstellt, wie die Kinder und deren Eltern zu unterstützt werden...

Am 2.4.2020 macht Andrea Neßelrath mit dem ersten Tagebucheintrag den Auftakt. Weitere Beiträge werden folgen. Der aktuellste Beitrag wird immer der `Oberste´ sein. Am Ende aller Beiträge finden Sie die Links zur Kita Filou, zu Eltern helfen Eltern uind weitere Informationen. Wir freuen uns über Rückmeldungen von Ihnen, an Andrea Neßelrath und Michael Schrader

30.04.2020
2 Wochen Notbetreuung- ein Zwischenresümee

Nachdem unsere Eltern aus systemrelevanten Berufen die Anfangszeit des Betretungsverbots in der Kita noch intern in der Familie organisieren konnten, sind auch wir im Filou nun am Ende der 2. Woche Notbetreuung. Es kamen bis zu drei Kinder, im Alter von zwei, vier und sechs Jahren. Schön, wenigstens einige Kinder wiederzusehen und ein wenig Alltag und einen Hauch an Normalität (…ein Wort, welches in Zukunft neue Definitionen erhält) zu schnuppern und dennoch immer im Hinterkopf, dass jedes Kind mehr, natürlich auch immer bedeutet, größere Infektionskreise zu bilden. Kinder, bei denen wir dachten, das Wiederankommen wird schwer und eine neue Eingewöhnung wird nötig, erlebten wir so, als wenn man nach einem langen Urlaub wieder nach Hause kommt: ein kurzes Gefühl der Befremdlichkeit und dann ist es, als ob die Zeit ohne Kita nie gewesen wäre.

Kita als Zuhause
Und hier wird einem schwerlich deutlich, wie wichtig doch das Sozialfeld Kita für Kinder ist, wie sehr sie auch hier ein Zuhause haben, wo sie sich sicher und geborgen fühlen und sich freuen, wieder in diesem „Zuhause“ anzukommen. Große und kleine Kinder in neuen Spielkonstellationen zu sehen, weil vielleicht die alten Freunde nicht da sind und trotzdem glücklich, überhaupt wieder mit anderen Kindern zu spielen. Und immer an die Kinder zu denken, die nicht in der Notbetreuung sind und die Kita ebenso vermissen.

Die Erwachsenenseite
Und auf der anderen Seite, der Erwachsenenseite, all die Gedanken, Überlegungen und auch Unsicherheiten und Ängste, was eine immer weitere Lockerung der Notbetreuung für Konsequenzen und Veränderungen im Alltag mit sich bringt: die Umsetzung von Hygieneauflagen, die eine riesige Herausforderung bedeuten und für alle in der Praxis immer wieder aufzeigen, wie schwierig und oft auch realitätsfern solche Empfehlungen sind. Ein riesiger Jonglageakt der Flexibilität mit dem Mut verbindet, altes Umzuwerfen und Neues und Unkonventionelles auszuprobieren, für Gut zu empfinden oder wieder Umzuwerfen und neue Wege zu finden. Und in all den Veränderungen trotzdem Alltägliches und Angefangenes nicht aus den Augen zu verlieren. Familien, Eltern und Kindern, die Möglichkeit geben, in Kontakt zu bleiben und ihre Gruppe nicht zu vergessen. Mit den Eltern im Austausch zu bleiben und angefangene pädagogische Maßnahmen auch über das Betretungsverbot hinaus weiter zu begleiten. Übergänge (in die Schule) zu gestalten, das nächste Kitajahr zu planen mit der Erkenntnis im Hinterkopf, dass es nicht wirklich gesicherte Planbarkeiten gibt. Von Woche zu Woche zu denken und trotzdem Tendenzen zu erspüren, die dann eventuell auch Bestand haben werden und immer wieder zu denken, dass alles dann doch ganz anders kommen kann. Ohne eine positive Grundeinstellung und dem Gedanken, dass alles „Gut wird“, was auch immer Gut bedeuten mag, funktioniert dies alles nicht! Das müsste allen mittlerweile klar geworden sein und trotzdem bedeutet es, sich immer wieder zu sammeln und Kraft zu schöpfen, um diese riesigen gesellschaftlichen Veränderungen mit tragen zu können.

P.S. In kleiner Besetzung an Kindern in der Notbetreuung bei zunächst vollständigem Personalstamm befinden wir uns nun nicht in der Situation, wie viele andere, vor allem größere Einrichtungen mit sehr vielen Kindern und großer Anzahl an Personal, welches zu einer Risikogruppe gehört oder krankheitsbedingt ausfällt.

7.4.2020
Ostern fällt nicht aus! Ein Survivalkid für jede Familie!

Die Osterferien haben begonnen und normalerweise bereiten wir in der Kita immer eine Osterfeier vor. Die ganze Woche vorher wird gebastelt, Eier werden gefärbt, Osterhasengeschichten erzählt, ein Osterlämmchen gebacken und alle Kinder sind in heller Vorfreude auf die große Ostereiersuche im Kitagarten. Auch dies muss dieses Jahr ausfallen und vor allem unsere großen Kinder sind darüber wahrscheinlich sehr traurig.

Daher haben wir überlegt, wie wir den Kindern eine Freude bereiten können und hatten die Idee, für jeder Familie ein Survival-Kid  für die Ostertage zu packen: eine Jutetasche, gefüllt mit einer Bastelvorlage inklusive Material, ein Buch aus der Kita, welches sie sich für die nächste Zeit ausleihen dürfen, Seifenblasen, Kekse und den obligatorischen Schokoosterhasen. Natürlich gibt es den auch für die älteren Geschwisterkinder.

Die Taschen haben wir jetzt zum Beginn bei den Familien vorbeigebracht – natürlich mit dem nötigen Abstand. Alle Familien haben sich riesig über die Idee gefreut und wir uns darüber, die Kinder und ihre Eltern wenigstens aus der Ferne zu sehen. Auf den Fotos sehen Sie unseren Breif an die Kinder, eine Reihe der gefüllten Taschen und den Inhalt einer Tasche.

2.4.2020 – 1. Blog
Lasst uns zusammen sein – in einer Zeit, in der ZUSAMMENSEIN gerade nicht das Gebot der Stunde ist. Und doch lebt unsere Arbeit ja vom zusammen sein, von Beziehungen, von Nähe, von Austausch, vom Miteinander im Gespräch sein, vom miteinander lachen, miteinander spielen, miteinander traurig sein, vom miteinander in Kontakt bleiben. Das ist das, was unserer Arbeit  ausmacht: der tägliche und direkte Kontakt miteinander, Beziehungsentwicklung … Und jetzt das ganz große Experiment. Was passiert, wenn dies zunächst augenscheinlich nicht mehr möglich ist? Zieht uns der Verlust der Basis unserer Arbeit den Teppich unter den Füßen weg? Oder versuchen wir, neu zu denken, uns anders zu organisieren und neue Möglichkeiten des Austausches zu schaffen?

Wir haben uns auf en Weg gemacht. Und wir haben eine Möglichkeit gefunden, nicht nur in Kontakt und im Austausch zu bleiben, sondern auch den Kindern wenigstens ein Stück weit Kitaalltag – ohne Kita – zu erhalten. Mit dem Kitatagebuch, einer Plattform, die über eine Cloud läuft, haben nun wir und die Familien die Möglichkeit, uns ein Stück weit Nahe zu sein. Da werden Geschichten von Erzieherinnen vorgelesen, kleine Filmchen mit Bastelangeboten präsentiert, Photos vom großen Frühjahrsputz in der Kita gezeigt, kleine Sequenzen mit den geliebten Kitahandpuppen eingespielt. Und auch die Familien laden Filmchen und Fotos hoch, vom Alltag zuhause.

Und auch, wenn dieses Zusammensein nun gerade nur auf virtuellem Wege geschieht, weit ab von dem, was wir uns alle wieder herbeiwünschen, merken wir doch, wie es kribbelt auf der Haut, wenn wieder neue Fotos und Filmchen von den Familien und den andern Kolleg*Innen  zu sehen sind.
 

Links und weitere Informationen:
Hier fiinden Sie die Kita Filou im Netz. Hier der Link zu Eltern helfen Eltern e.V. in Münster.  Der Kontakt  von pragma gmbh ist 2014 über die von Eltern helfen Eltern initiierte gemeinsame Qualitätsentwicklung für Elterninitiativen in Münster und Umgebung entstanden.