Lockdown light im November
Entwicklung der Infektionszahlen, Schließungen von Schulen und Kitas
Der bisherige Höchststand der Infektionen lag am letzten Freitag (31.10.2020) bei 19.059. Gegenüber dem Vortag lediglich eine Steigerung um knapp 400. Am Tag lag davor lag die Zunahme noch bei knapp 2.000 und noch einen Tag davor – vom 27. auf den 28.10. – bei knapp 5.000 (Fallzahlen Robert-Koch-Institut [RKI]). Wenn dieser Trend der letzten Tage sich fortsetzt, könnte es im Laufe der Woche dazu gekommen, dass die Fallzahlen wieder abnehmen.
In den Nachrichten auf Tagesschau 24 (1.11.2020, 13.00) wurde von einer Umfrage bei den Bundesländern berichtet, nach der aktuell 165 Schulen wegen Coronavorfällen geschlossen seien, davon mit 135 mehr als Dreiviertel in Bayern. Mit Blick darauf, dass wir in Deutschland ca. 30.000 Schulen haben, sind das deutlich weniger als ein Prozent aller Schulen. Relativierend muss man allerdings hinzufügen, dass in der Nachrichtensendung keine Aussagen zur Vollständigkeit und Zuverlässigkeit der Datenerhebung gemacht wurden.
Im Familienausschuss des Landtags in NRW berichtet Familienminister Stamp am letzten Donnerstag (29.10.2020), dass “Kitas auf jeden Fall geöffnet bleiben (sollten). Vielerorts gelingt dies aber nicht mehr. Im September mussten laut Stamp 107 Kindertagesstätten vorübergehend ganz schließen. Im Oktober bislang schon 173. 219-mal hatten die Einrichtungen gemeldet, dass ihnen Personal fehle.“ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung [WAZ] 30.10.2020, Seite 1). In NRW gibt es allerdings ca. 10.500 Kita, so dass wir uns auch hier bisher in einem niedrigen Prozentbereich (ein bis zwei Prozent) bewegen.
Aus der deutlichen Verlangsamung des exponentiellen Wachstums der Fallzahlen und der anteilig bisher geringen Schließungsquote von Schulen und Kitas lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt jedoich nicht ableiten, dass wir mit den Maßnahmen des Lockdown light die Fallzahlen so reduzieren werden, dass eine Überforderung des Gesundheitssystems vermieden werden kann und gleichzeitig Kitas und Schulen weiter geöffnet bleiben können. Dafür ist der Trend des Rückgangs der täglichen Zunahme der Fallzahlen noch zu kurz und es gibt auch keine verlässlichen und wissenschaftlich begründeten Daten darüber, worauf dieser Rückgang zurückzuführen ist. Dazu kommt mit Blick auf die Kitas und Schulen, dass zum Übertragungsgeschehen in Kitas und Schulen sowie in den Familien nach wie vor keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen (Blog vom 28.10.2020). Risikoverschärfend ist darüber hinaus, dass immer mehr Gesundheitsämter die Kontaktverfolgung nicht mehr realisieren können. „Man sei zwei Tage im Verzug, meldet Dortmund, die Hälfte der Infektionen sei nicht mehr zurückzuverfolgen.“ (WAZ 31.10.2020: Aus der Region) Trotz oder gerade wegen der Unsicherheiten über die Entwicklung in den nächsten Wochen sollten die Bedingungen in Kitas und Schulen (weiter) verbessert werden
Mehr Personal für die Kitas
Ein sehr wesentlicher Erfolgsfaktor für die Öffnung von Kitas ist das Personal. Insofern ist es zu begrüßen, dass das Programm der Alltagshelfer zur Unterstützung der Fachkräfte in den Kitas 2021 fortgesetzt wird. Dies hatte Familienminister Stamp schon Mitte September angekündigt (Blog vom 14.09.2020). Unverständlich ist, dass es hierzu bisher keine offizielle Information des Ministeriums gibt, wie lange und zu welchen Konditionen das Programm fortgesetzt wird. Das schränkt die Kita-Träger ein, bestehende Verträge mit Alltagshelfer*innen zu verlängern und neue Kräfte zu akquirieren. Mit Blick auf die angespannte Personalsituation in dem Kitas liegt es nahe, das Programm noch auszuweiten. Da aktuell aufgrund der Einschränkungen in der Gastronomie viele Studierende wieder ihre Minijobs verlieren, bietet es sich an, hieraus eine Win-Win-Situation zu machen: Jobs für Studierende und Unterstützung für die Fachkräfte in den Kitas.
Luftreiniger für, Schichtbetrieb und Hybridunterricht in den Schulen
Der Stadtrat in Bochum beschloss am 29.10.2020, dass „alle 3.300 Klassenzimmer“ in Bochum“ mit Raumlüftern ausgestattet werden sollen (WAZ 30.10.2020, Lokales). Das ist begrüßenswert. Aber warum erst jetzt? Das Land hat dazu ein Programm aufgelegt. Warum erst Mitte Oktober. Und die Verwaltung in Bochum hofft, „noch in diesem Winter solche Geräte beschaffen zu können“ (ebd.). Großartig! Die Geräte werden JETZT (!!) benötigt, um die Infektionsgefahren in die Schulen möglichst niedrig zu halten. An diesem Beispiel wird deutlich, wie wenig vorrausschauend und präventiv sich die Politik – zumindest mit Blick auf die Schulen – in den letzten Monaten verhalten hat. Das Thema „Belüftung“ wurde ja schon im Sommer aufgelegt (Blog vom 18.8.2020). Alle wussten, dass es im Herbst kälter wird. Dazu kommt, dass es dabei um eine sehr überschaubare Investion geht. In der Monitorsendung (ARD) vom 22.10.2020 ging es auch um dieses Thema. Die Ausstattung ALLER (!) Klassenzimmer in Deutschland mit je einem Luftreiniger kostet 1 Milliarde €. Da fragt man sich, warum ist diese Investition nicht schon im Frühsommer auf den Weg gebracht worden. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist kaum zu toppen.
Schon im August (zum Schulbeginn nach den Sommerferien) wurde von der NRW-Bildungsministerin Gebauer für den Fall, dass die Infektionszahlen steigen, ein Plan B für die Schulen eingefordert (Blog vom 10.08.2020). Bei einem Plan B geht es einmal darum, die Infektionsrisiken zum Beispiel durch die Teilung der Klassen zu verringern, und zum anderen um die Umsetzung von Distanzunterricht. Den Plan B gibt es bis heute nicht. Das Coronakonzept der Landesregierung besteht aus „Zwiebellook, Stoßlüften und Maskenpflicht“, so die Landeselternschaft in NRW (WAZ 23.10.2020, Rhein-Ruhr). „Yvonne Gebauer setzt darauf, dass der Präsenzunterricht trotz Pandemie weiter möglich ist.“ (Ebd. 22.10.2020, Rhein-Ruhr) Man könnte etwas dafür tun, diesen möglichst lange zu ermöglichen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt bei einer Erhöhung der Fallzahlen Klassen zu teilen, Hybridunterricht umzusetzen, Schichtbetrieb einzuführen und gegebenenfalls auch den Samstag zu nutzen. (Ebd. 27.10.2020, Rhein-Ruhr). In Bayern gibt es einen solchen Plan B, genauer einen Drei-Stufen-Plan. Es ist dringend geboten, hieran zu arbeiten. Die Pandemie ist ja noch lange nicht vorbei. Nach der zweiten Welle kommt dann Mitte Januar die dritte Welle.