Mathe-Tipps für die Kita Teil 1: Mathe & Musik
Seit über fünfzehn Jahren mach ich nun Mathe-Fortbildungen für Kita-Leute immer noch mit großem Spaß. Weil Mathe eben Spaß machen kann; die meisten Leute wissen das gar nicht Unser Blog will ich jetzt dazu nutzen, von Zeit zu Zeit ein paar Praxistipps für Kita-Mathe aus meinem Fundus aufzuschreiben; den Start macht die musikalische Annäherung an die Mathematik.
Dieser Schwerpunkt liegt mir so besonders am Herzen, weil ich selbst Musik so gern mag. Und ich denke, dass es gar kein Zufall ist, dass ein mathematisches Genie wie Einstein auch ein guter Musiker war: Er hat nicht schlecht Geige gespielt, heißt es.
Bevor die Tipps kommen, will ich aber kurz die wichtigsten Argumente aufschreiben, die dafür sprechen, dass wir mit Musik die Entwicklung mathematischen Denkens bei den Kindern fördern können. Musik kann wirklich helfen, mathematisches Denken zu entwickeln – warum?
Weil Mathematik „die Wissenschaft von den Mustern“ ist. Und weil Musik aus hörbaren, spürbaren, tanzbaren Mustern besteht.
Mathematisches Denken ist ja nicht gleichbedeutend mit „Rechnenkönnen“ (großer Irrtum vieler Menschen…); es ist viel mehr! Für uns, die wir mit Kita-Kindern zu tun haben, ist es wichtig zu wissen, dass eine zentrale Grundlage das Erfahren und Verstehen von Strukturen und Mustern ist. Mathematiker selbst bezeichnen ihren Gegenstand als „Wissenschaft von den Mustern“; auch unser Zahlensystem funktioniert mit zahlreichen Mustern (die Mathematikern große Freude bereiten). Das Zehner-Muster ist nur ein sehr grundlegendes davon.
Geschick und Geläufigkeit beim Umgang mit Mustern und Strukturen erwerben Kinder durch Tun: indem sie Muster und Strukturen erleben, herstellen, ihre vielfältigen Erfahrungen damit machen. Im Alltag (beispielsweise beim Tischdecken: jedem Esser einen Teller, einen Löffel, einen Becher zuordnen: Das ist eine Struktur!), beim kreativen Gestalten (Mandalas sind Muster, beim Kettenäuffädeln, beim Malen und Basteln und vielem mehr können Muster und Strukturen „hand-greiflich“ erlebt werden)… und eben beim Musikmachen. Denn Musik ist etwas, bei dem man Strukturen und Muster hören, spüren, erleben kann. Das will ich an drei Punkten zeigen:
1. Rhythmus ist ein Muster
Solche Übungen sind typischerweise in Vorschul-Trainingsheften zu finden:
¨ ¡ u ¨ ¡ u ¨ ¡ u ¨ ¡ … … … … … Wie geht es weiter?
Hier geht es darum, ein Muster zu erkennen; die Kinder sollen es befolgen, wenn sie mit ihrem Buntstift die folgenden Formen aufzeichnen.
Rhythmus in der Musik ist ein ebensolches Muster. Nur, dass es andere Sinne anspricht: unser Gehör beim Zuhören, den ganzen Körper beim Singen, Tanzen und Musikmachen. Solche Rhythmus-Muster erleben Kinder beispielsweise…
… beim Trommeln: vielleicht laut – leise – leise – laut – leise – leise – laut – leise – leise…
oder bumm – Pause – bummbumm – Pause – bumm – Pause – bummbumm…
… bei Bodypercussion-Spielen (damit kann man manche Lieder prima begleiten):
z.B. Händeklatsch – Fußstampf – Händeklatsch – Fußstampf – Händeklatsch …
2. Lieder haben Muster
Die meisten Lieder sind sehr übersichtlich aufgebaut; sie haben eine Struktur, damit man sich in ihnen zurechtfindet, beispielsweise reimen sich die Zeilen nach bestimmten Regeln, und meist wechseln sich Strophe und Refrain ab – Abwechseln: Das ist ein Muster!
3. Tänze haben Muster
Tanzen ist musikalisches Ganzkörpererleben. Erleben von Rhythmus, also von Muster und Struktur. Kleine Kinder reagieren spontan auf Musik, indem sie mit einem einfachen Körpermuster tanzen: Sie wippen auf und ab, auf und ab… Größere Kinder können schon „Choreografien“ tanzen. Das trainiert nicht nur die Körperkoordination, sondern lässt auch Muster erleben, weil sich bestimmte Bewegungen immer wiederholen. – Eines der „Ur-Beispiele“: Zeigt her eure Füße…
Mathematisches Denken entwickelt sich eben nicht nur durch Zählenüben im Morgenkreis und anderswo. Ich möchte Sie ermutigen, (noch?) mehr Musik in die Kitas zu holen. Weil es Spaß macht, und weil es die Wahrnehmung fundamentaler mathematischer Grunderfahrungen übt (… und weil Liedersingen gut für die Sprachentwicklung ist, und weil Tanzen die körperliche Entwicklung unterstützt…).
… Und hier jetzt die Tipps – ein paar Vorschläge für Rhythmusspiele und Lieder:
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APFELSAFTMASCHINE … mein Lieblings-Rhythmusspiel
Bei diesem Rhythmus-Spiel entsteht nach und nach ein Vierer-Rhythmus, den die Erzieherin als „Maschinistin“ unterstützt.
Die Kinder werden in vier Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe wird am Ende ein einziges Geräusch immer wieder wiederholen; alle vier Gruppen gemeinsam erzeugen dann einen Rhythmus aus vier aufeinanderfolgenden Geräuschen.
Die Erzieherin macht jeder Gruppe deren Geräusch vor, dann wird das Geräusch mehrmals geübt. Erst dann machen die Gruppen nacheinander „ihre“ Geräusche in einer „Endlosschleife“. Dabei muss die Erzieherin alle Geräusche und Bewegungen mitmachen.
Wir stellen uns vor: Wir sind eine Apfelsaftmaschine. In der Maschine geht alles automatisch. Die Maschine hat an einem Ende einen Roboterarm, der die Äpfel vom Baum pflückt. Das geht so:
GRUPPE 1: schnippt mit dem Finger und macht dabei gleichzeitig eine „pflückende“ Armbewegung
in der Luft (Kinder, die nicht schnippsen können, dürfen auch ein anderes Geräusch
machen, zum Beispiel mit dem Fuß stampfen).
STUFE 1 der Maschine wird nun angemacht: Die Erzieherin macht mit, in langsamem
Rhythmus:
schnipps – – – schnipps – – – schnipps – – – schnipps – – – schnipps …
Dann gibt es in der Maschine einen automatischen Hammer, der die Äpfel platt haut. Das geht so:
GRUPPE 2: die Kinder klatschen geräuschvoll (vielleicht von oben nach unten?) in die Hände und un-
termalen die Bewegung noch mit einem Wort: „patsch!“ – das üben die Kinder ein paar Mal.
STUFE 2 der Maschine wird jetzt ausprobiert: Gruppe 1 und 2 im Wechsel. Die Erziehe-
rin macht bei beiden Gruppen mit und achtet auf einen gleichmäßigen Rhythmus:
schnipps.patsch – – schnipps.patsch – – schnipps.patsch – – schnipps …
Nun fließt der Saft aus den zerquetschten Äpfeln und ein Schiebehebel schiebt immer eine neue Flasche hin, um den Saft aufzufangen. Das geht so:
GRUPPE 3: ahmt das Geräusch des fließenden Apfelsaftes nach: „schschschsch“, dabei machen die
Kinder mit beiden Händen eine Bewegung nach vorn (Schiebehebel schiebt die
Flasche). Wenn sie das ein bisschen geübt haben:
STUFE 3: Die Gruppen 1, 2 und 3 rhythmisch immer hintereinander im Wechsel.
schnipps.patsch.schschsch – schnipps.patsch.schschsch – schnipps .patsch …
Jetzt kommt der Abschluss der Apfelsaftproduktion: Ein Hebel klappt von oben herunter und stopft einen Stöpsel in jede Flasche hinein. Das geht so:
GRUPPE 4: die Kinder schnalzen mit der Zunge: das macht ein Geräusch wie „klk“. Dazu stellen sie
mit dem einen Arm den von oben kommenden Hebel dar. Sie üben das einige Male
im Rhythmus, dann kommt:
STUFE 4: Die Gruppen 1, 2, 3 und 4 rhythmisch immer hintereinander im Wechsel.
schnipps.patsch.schschsch.klk.schnipps.patsch.schschsch.klk.schnipps …
Wichtig ist, dass es gelingt, einen gleichmäßig „durchlaufenden“ Rhythmus hinzubekommen: Gruppe 1, Gruppe 2, Gruppe 3, Gruppe 4 und sofort wieder von vorn. Dann klingt die Maschine wirklich toll! Wenn die Kinder schon eine ziemlich gute Maschine hinbekommen, kann man damit weiter spielen:
Man kann sie aus- und anstellen. Man kann sie an einem „Regler“ schneller oder langsamer drehen (wer ist der Maschinist?). Man kann auch unendlich viele andere Quatsch-Maschinen erfinden: Wie wäre es zum Beispiel mit einer Ostereier-Malmaschine? Einer Tannenbaum-Schmückmaschine? Oder einer Stiefel-Anziehmaschine… Welche passenden Geräusche können die Kinder mit ihrem Körper machen?
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Lied für zwei Gruppen: Uh a lay lay
Vorsänger/innen: Nachsänger/innen:
Ein Lied, zu dem man wunderbaren Quatsch machen kann! Mit einem ganz einfachen Muster, dass es in vielen Volksliedern gibt: Jemand (oder eine Gruppe) singt etwas vor, die anderen singen nach, das nennt man „Call and Response“. Mathematisch gesagt: Da gibt es PAARE von Melodiemustern; eine SYMMETRIE…
Man kann sich dazu natürlich auch Bewegungen ausdenken (die die Antwortenden dann nachmachen müssen), oder einen Rhythmus dazu schlagen oder klatschen.
Das Lied ist traditionell, es stammt aus Polynesien; der Text hat keine Bedeutung – ein Quatschlied. Man darf sich natürlich auch eigene Texte dazu ausdenken…
Ich habe das Lied in dem wunderbaren Liederbuch „SimSalaSing“ gefunden, das ich nur wärmstens empfehlen kann, weil jede Menge guter Sing-Ideen mit Kindern darin sind (Helbling Verlag).
Bei youtube kann man sich vielfach ansehen, wie das Lied „in Aktion“ aussehen kann. Zum Beispiel hier: https://www.youtube.com/watch?v=AXjLZKLHoAg
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Tanzen: Musik in Bewegung
Tanzen kann man wild und individuell, tanzen kann man aber auch nach ganz bestimmten Choreografien – und dann sind wir wieder bei MUSTERN. Bei Bewegungsmustern. Volkstänze haben beispielsweise solche Bewegungsmuster, die sich wiederholen; Kreistänze sind wie eine Art Mandalas in Bewegung.
Hier weise ich gern auf ganz traditionelle Kinder-Tänze hin. Manche sind ein bisschen in Vergessenheit geraten, weil die freie Bewegung der Kinder wichtiger und lustvoller erschien. – Ich denke nicht, dass choreografierte Kindertänze „Dressur“ sind; festgelegte Bewegungsmuster üben Konzentration und Körperbeherrschung, sind eine gute Gruppenerfahrung und lassen Muster und Strukturen „ganzkörperlich“ erleben. – Es muss ja nicht anstatt, sondern sollte zusätzlich zu freien Bewegungsmöglichkeiten stattfinden…
Eine ganze Reihe von Tanzliedern finden Sie im Netz beim „Liederbaum“ von Labbé– überhaupt eine höchst empfehlenswerte Seite mit einer Fülle von Ideen, Vorschlägen und Anleitungen für Aktivitäten aller Art mit Kindern. Hier ist der Klassiker Brüderchen komm tanz mit mir: http://www.labbe.de/liederbaum/index.asp?themaid=14&titelid=162
Andere Kindertanz-Klassiker sind beispielsweise:
Zeigt her eure Füße. Das BEWEGUNGSMUSTER: Die Füße werden „gezeigt“, also abwechselnd links und rechts vorgestreckt. Und dann wird Strophe für Strophe pantomimisch dargestellt, was Waschfrauen so tun… Hier sind Text und Noten: http://www.kleinkind-online.de/seiten/kinderlieder/fuesse.htm Laurentia, liebe Laurantia mein. Das Bewegungsmuster: Bei „Laurentia“ und bei jedem der Wochentage gehen alle Kinder im Kreis in die Hocke. Das gibt ein rhythmisches Muster. – Und die Wochentage prägen sich ein; auch sie sind ja ein Muster. Ein Muster in der Zeit… Text und Noten sind (zum Beispiel) hier: http://www.labbe.de/liederbaum/index.asp?themaid=14&titelid=590
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Ich hoffe, Sie lassen sich ein bisschen inspirieren? – Ich plädiere für ganz viel Musik für Kinder; beileibe nicht nur, aber auch aus Gründen der Unterstützung mathematischer Denkentwicklung.