Wie erreichen wir die U3-Kinder zuhause? Eine Bestandsaufnahme und Einschätzung zu unseren Angeboten und Aktivitäten

2. Blogbeitrag Kita am Wald (Castrop-Rauxel)
Am 27.4. hat Alexandra Knoch uns ausführlich Einblick gegeben, „wie sich das Team in den letzten Wochen schrittweise und erfolgreich digitale Tools angeeignet hat und diese nun in der zur Kontaktaufnahme, Kommunikation und Unterstützung der Kinder zuhause sowie der Kommunikation mit den Eltern und auch im Team einsetzt.“ (Blog vom 27.4.) – In dem heutigen Beitrag geht es darum, die Angebote und Aktivitäten für die U3-Kinder und deren Eltern (Blogbeiträge, online Stuhlkreise, Vorlesedateien, Bastelangebote etc.) einer ersten Bewertung zu unterziehen. Was hat gut gepasst? Womit haben wie die Kleinen erreichen können? Was war weniger erfolgreich? Was sollten wir weglassen, was fortsetzen und weiterentwickeln? Etc.

Diese Reflexion ist aus mindestens drei Gründen angemessen und nötig:1. Wenn man neue Dinge ausprobiert, für die man nicht auf  `Rezepte´ und Vorerfahrungen zurückgreifen kann, ist es normal, dass nicht auf Anhieb alles perfekt ist. Es muss analysiert und reflektiert werden, was gepasst hat und was nicht. Es geht um Optimierung! 2. Trotz der schrittweisen Ausweitung der Betreuung in den Kitas werden in den nächsten Monaten weiterhin mindestens die Hälfte aller Kinder zuhause von ihren Eltern betreut. Hier gilt es im Kontakt zu den Kindern und ihren Eltern zu bleiben. Insofern ist es naheliegend die Art und Weise, wie das gestaltet wird, schrittweise zu verbessern und weiterzuentwickeln. 3. Man sollte schon jetzt daran denken, dass die jetzt erprobten digitalen Möglichkeiten der Information und Kommunikation zum Teil auch in der Nachcoronazeit fortgeführt werden können, beispielsweise in der Teamkommunikation, der mit den Eltern, in der Bereitstellung von Spielangeboten für zuhause usw. Und je besser diese jetzt konzipiert werden, desto selbstverständlicher werden sie im zukünftigen Kita-Alltag ihren Platz finden. Hierzu leisten die Überlegungen von Alexandra Knoch einen wertvollen Beitrag:

Die Fragestellung: Hilft das den Kindern und den Eltern wirklich?
Vor nunmehr neun Wochen wurde das gesellschaftliche Leben in Deutschland nicht nur eingeschränkt, sondern kam für viele von uns fast zum Erliegen gekommen. So war auch unsere Kita seit Mitte März geschlossen und nur in Notfällen konnten Kinder betreut werden. Unser Team aus Erzieherinnen und Erziehern hat mit Beginn des Lockdowns Angebote organisiert, die für Kinder und Eltern über das Internet genutzt werden können. Doch ist es auch möglich auf diese Weise Kinder zu erreichen, die mit dem Wort „Corona“ oder „Beschränkung“ noch nichts anfangen können, weil es für sie zu abstrakt ist? Wie können wir Eltern von U3-Kindern mit Hilfe von Onlineangeboten entlasten und ist es wirklich möglich, den Kontakt zu Kindern zu halten, die noch nicht verstehen können, warum die Kita geschlossen ist und sie Freunde und Erzieher nicht mehr sehen können?

18 Kinder unter Drei
In unserer Einrichtung gibt es insgesamt 18 Kinder, die unter drei Jahre alt sind. In der „Käfergruppe“ werden ausschließlich U3-Kinder zwischen einem und drei Jahren betreut. Das jüngste der 12 Kinder ist vor kurzem ein Jahr alt geworden. Die Dreijährigen dieser Gruppe hatten gerade erst ihren dritten Geburtstag und wechseln im Sommer in die Fuchsgruppe (Drei-bis Sechsjährige). Die Rabengruppe ist eine altersgemischte Gruppe, in der ab zwei Jahren betreut wird. Es gibt bei den Raben zur  Zeit sechs U3-Kinder („Raupen“), die bis zum Sommer alle noch drei Jahre alt werden. Damit machen die U3-Kinder knapp 33% unserer zu betreuenden Kinder aus.

Unsere vielfältigen digitalen Angebote (ausführlich hierzu der Blog vom 27.4.2020)
Unsere Angebote für die Kinder sind ziemlich vielfältig und entwickeln sich ständig weiter. Es gibt einen Blog, der Videos, Audiodateien und Spielideen für die Familien bereithält. Eine Leserunde, in der die Bücher von „Der kleine Vampir“ vorgelesen werden, ist bei WhatsApp eingeführt worden und es werden Stuhlkreise über Zoom für jede unserer drei Gruppen angeboten. Nicht alle Familien nutzen alle unsere Angebote, aber für viele Kinder gehören die Stuhlkreise, Vorlesedateien und Videos mittlerweile zum Krisenalltag.

Stuhlkreise online
Die Stuhlkreise finden für die U3-Kinder in ihrer Altersgruppe statt. Die Erzieher der U3-Gruppe laden die Kinder zu mehrmals in der Woche stattfindenden Kreisen mit allen Kindern der Gruppe ein. Die Anzahl der teilnehmenden Kinder variiert – mal spielen und singen acht Kinder mit, mal nur zwei. In der altersgemischten Gruppe wurden die Stuhlkreise zunächst nach Freundschaftsbeziehungen gemischt, sodass es vorkam, dass an einem Sitzkreis zwei U3-Kinder, ein Vorschulkind und drei Vierjährige teilnahmen. Als die Stuhlkreise über Zoom noch neu und damit für sie sehr interessant waren, hat die Interaktion zwischen den Kindern verschiedenen Alters gut funktioniert. Doch schon nach zwei Wochen begannen die Vorschulkinder sich zu langweilen und besuchten die Stuhlkreise nicht mehr so häufig, wie noch in den ersten Tagen. Also entschieden wir uns alle Teilnehmer der „Rabengruppe“ nach Altersgruppen zu sortieren. Dadurch kann allerdings nur noch ein Stuhlkreis pro Woche und Altersgruppe angeboten werden und ein zusätzlicher im Nachmittagsbereich, der für alle Kinder der Rabengruppe offen ist. Im Gegensatz zu den Gruppen mit älteren Kindern spielen die U3-Kinder gern Fingerspiele, mögen es, wenn gesungen wird und spielen gern einfache Kreis- und Fingerspiele, in denen Kompetenzen wie erstes Farben benennen, einfaches Zählen, Reime mitsprechen, Grobmotorik und das Benennen von Körperteilen im Vordergrund stehen (z.B. „Ich bin die kleine Hexe“, „Dreh dich, kleiner Kreisel“ „Schmetterling, du kleines Ding“, „Fünf kleine Äffchen“, „Meine Hände sind verschwunden“, etc.). Die Kinder, die von den Erzieherinnen und Erziehern im Sinne der Partizipation mit in die Gestaltung und den Ablauf der Stuhlkreise  einbezogen werden, wünschen sich, dass diese Spiele, die sie aus dem Kitaalltag kennen, in den Stuhlkreisen häufig wiederholt werden und beteiligen sich rege. Die Kreise dauern  inklusive der gemeinsamen Begrüßung durch ein Lied, aber auch dem Begrüßen und der Interaktionen der Kinder untereinander, durchschnittlich dreißig Minuten. Aufgrund der kürzeren Aufmerksamkeits- und Konzentrationsspanne, aber auch wegen der individuellen Interessen der sehr jungen Kinder kommt es für sie immer wieder zu Ablenkungen zuhause durch Spielzeug oder Geschwister und es ist nicht zu erwarten, dass die Kinder von Anfang bis Ende des Sitzkreises aufmerksam und engagiert bei der Sache bleiben. Die Kinder möchten gerne ihr Zuhause oder Spielsachen zeigen, sodass die Eltern wichtiger und unerlässlicher Bestandteil zum Gelingen der Treffen sind, weil sie ihre Kinder mit der Kamera durch das Haus begleiten und sie immer wieder neu motivieren müssen. Den Kindern scheint es Sicherheit zu geben und wichtig zu sein, dass die Eltern mitsingen und sich selbst beteiligen. Der Vorteil, den Eltern darin sehen ist, dass die begleitenden Eltern dadurch einen umfassenden Einblick in die Lieder und Spiele bekommen, die ihr Nachwuchs bislang nur in der Kita spielen konnte und dadurch mehr über den Alltag ihrer Kinder außerhalb der Krisenzeit erfahren. Während die Eltern der älteren Kinder die Kamera zum Stuhlkreisbeginn einfach anstellen (also im Prinzip nur die technischen Möglichkeiten bereitstellen) und ihr Kind allein an dem Kreis teilnehmen lassen können, was die älteren Kinder zum großen Teil auch einfordern, sind die Eltern der U3-Kinder währenddessen eher stark eingebunden. Die Eltern sind die Instanz, die entscheidet, ob und wie die Kinder an den Sitzkreisen teilnehmen, dadurch beruht das Gelingen der Angebote sehr stark auf einer Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Erziehern. Aufgrund des noch stärkeren Schlafbedürfnisses der U3-Kinder ist es schwierig eine Uhrzeit zu finden, zu der alle Kinder an den Stuhlkreisen teilnehmen können. Viele Eltern geben an, dass ihre Kinder es sich während der Schließung angewöhnt haben, sehr lange zu schlafen und auch der Mittags-/Nachmittagsschlaf der Kinder findet zu sehr unterschiedlichen Zeiten statt. Hinzu kommen familiäre Termine, die die Planung der Startzeiten (in allen Altersgruppen) erschweren.

Die Nutzung von Blogbeiträgen
Die Eltern unserer U3-Kinder nutzen zum Teil auch den Blog. Einige Eltern sind zögerlich, weil sie mit ihren kleinen Kindern noch nicht so viel mediale Unterhaltung konsumieren möchten, da auch regelmäßiges Fernsehen in vielen Familien für die Kinder nicht gängig ist. Darüber hinaus sind viele Beiträge des Blogs, trotz des Bemühens der Erzieherinnen und Erzieher sie so zu gestalten, dass sie auch für die jüngeren Kinder ansprechend sind, noch nicht interessant für die Altersgruppe der unter Dreijährigen. Die Eltern fänden daher zum Teil analoge Angebote (wie einen Besuch am Fenster, einen Brief…) besser in die Alltagsgestaltung und dadurch auch in die Erziehung einzubinden. Neben Bastel-, Koch- oder Spielvideos und Vorlesedateien, die zur Wahl stehen, gibt es zahlreiche Videos mit Tieren. Die Videos zeigen die Versorgung der Kitahühner und Kitakaninchen oder einen Spaziergang mit den eigenen Hunden einer Erzieherin durch den Wald. Diese Videos werden von den pädagogischen Fachkräften natürlich sprachlich begleitet, um die Kinder auch im Bereich Sprache zu fördern, während die hauptsächliche Sprachförderung momentan natürlich eher zuhause durch die Familie stattfindet.. Diese Art von Videos findet großen Anklang bei der jüngsten Altersgruppe und werden in nahezu allen Familien immer wieder angesehen – bei einigen sogar täglich. Auch die Videos, in denen bekannte Spiele oder Lieder („Dornröschen“, „Stups, der kleine Osterhase) unter Beteiligung der (privaten) Hunde als „Schauspieler“ aufgezeichnet wurden, schauen sich die Kinder gern öfter an. Aufgrund dessen planen wir mehr Videos dieser Art (eine Lautgeschichte mit den Hunden, der Besuch einer Baustelle etc.), um den Kindern zum einen Wissen und Kompetenzen zu vermitteln, ihnen zum anderen aber auch nah zu bleiben und natürlich um ihnen eine Freude zu machen.

Das Alter des Kindes
Je älter die U3-Kinder sind, desto interessanter werden auch die anderen Videos. Die Bastelvideos sind tatsächlich eher für ältere Kinder konzipiert, die es schon schaffen mehrteilige Aufgaben zu verstehen und zu befolgen und über feinmotorische Fertigkeiten, wie zeichnen, schneiden oder Knoten binden, verfügen. Das könnte unter Umständen zu Frustration bei den jüngeren Kindern führen, da das Angebot zwar da und verfügbar, für das Kind aber aufgrund fehlender Fähigkeiten noch nicht schaffbar ist.

Vorlesedateien
Die Vorlesedateien werden unterschiedlich stark genutzt und dienen dazu den Kompetenzbereich Literacy zu berücksichtigen, aber auch Entspannungsmomente für die Kinder anzubieten.  Während (fast) Dreijährige mit großer Affinität zu Büchern den vorgelesenen Geschichten gerne zuhören und die Eltern sie zum Teil zum Ritual beim Zubettgehen machen, fällt es anderen Kindern schwerer dem Vorgelesenen zu folgen. Wir als Pädagogen versuchen derweil Geschichten zu finden und vorzulesen, die Kindern jeden (Kindergarten-)Alters und Geschlechts gefallen. Das ist nicht immer ganz einfach, weil abhängig von Charakter, individuellen Interessen, aber auch vom bisherigen Medienkonsum (Fernsehen) die Geschichten als zu langweilig oder auch zu aufregend empfunden werden können.

Notbetreunng
Die Notgruppenbetreuung wurde insgesamt von unseren 55 Kindern nur sehr wenig genutzt. Bis zur Erweiterung der Notbetreuungsregeln durch das Land NRW in der vergangenen Woche, brachte nur ein Elternpaar ihr U3-Kind in die Notbetreuung – einmal wegen eines dringenden Arztbesuches und einmal wegen eines wichtigen beruflichen Termins im systemrelevanten Bereich. Beide Betreuungen umfassten nur wenige Stunden. Die Anzahl der zu betreuenden U3-Kinder steigt in der kommenden Woche auf fünf an, da immer mehr Geschäfte, Behörden und Institutionen wieder öffnen dürfen und die Eltern gezwungen sind am Arbeitsplatz präsent zu sein. Uns ist wichtig den Eltern nahe zu legen ihre Kinder lieber von uns betreuen zu lassen, als zum Beispiel von Großeltern, die möglicherweise der Risikogruppe angehören.

Weiter Kinder zuhause
Da bis zum jetzigen Zeitpunkt zwar ein Stufenplan für die Wiederaufnahme der Kinderbetreuung in Kindertagesstätten vorliegt, aber immer noch Unsicherheit herrscht, inwiefern das alles wie geplant stattfinden kann, hat jede/r pädagogische Mitarbeiter/in neben der Zeit, die er oder sie zur Notbetreuung in der Einrichtung verbringt, auch Arbeitszeit zuhause zur Verfügung, um weiterhin Spielkreise für die Kinder, die zuhause bleiben anbieten oder am Blog arbeiten zu können. Weiterhin werden wir daran arbeiten unsere Angebote weiterzuentwickeln. Dazu zählen zum einen die Ausweitung analoger Angebote, die dazu dienen sollen eine Verbindung zwischen den Kindern herzustellen, die zuhause betreut werden und denen, die die Notgruppe besuchen (Schnitzeljagd, Steine verstecken), differenziertere Vorleseangebote anzubieten und mehr Videos anzubieten, die Tiere zeigen oder andere, besondere Interessensgebiete der U3-Kinder abdecken (Baustelle, Spielplatz, Busfahren…), um auch mit den jüngeren Kindern im Kontakt zu bleiben und sie im Bereich unserer derzeitigen Möglichkeiten zu fördern bzw. die Förderung zuhause zu unterstützen. Darüber hinaus müssen wir ein Konzept entwickeln, dass es den U3-Kindern, die im Sommer die Gruppe innerhalb unserer Einrichtung wechseln ermöglicht den Übergang zwischen den Gruppen zu bewältigen.

Weitere Beiträge folgen!