Massentests nach den Ferien in Kitas und Schulen und noch ein bisschen mehr…

Städtetag, Mediziner und auch Politiker (CDU, Grüne) plädieren für eine umfassende Teststrategie zu Beginn des neuen Schuljahres. „Das ist organisatorisch und finanziell keine Kleinigkeit. Wir sprechen von mehr als drei Millionen Kindern und Jugendlichen“, so der NRW Geschäftsführer Schneider des Städte und Gemeindebundes NRW (Westdeutsche Allgemeine Zeitung [WAZ] vom 16.7.2020). „Aus der Landesregierung heißt es, an einer solchen Strategie zum Schulstart werde intensiv gearbeitet.“ (Ebd.) Am heutigen Samstag (18.7.2020) berichtet die WAZ, dass diese nun vorliegt: "Sämtliche rund 360.000 Beschäftigten in der Kindertagesbetreuung und in den Schulen können sich vom 3. August bis zum 9. Oktober alle 14 Tage freiwillig auf das Coronavirus testen lassen. Die Kosten übernimmt das Land. Kita- und Schulkinder erhalten allerdings kein Angebot... Sollte in einer Schule ein Infektionsgeschehen auftreten, werde künftig aber `sofort und umfänglich´ getestet." (Seite 1)

Die Angst vor Infektionen in Kitas und Schulen steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Urlaubs-Rückkehrern. „Rückkehrer aus Risikogebieten müssen nach ihrer Ankunft entweder einen aktuell negativen Corona-Test vorlegen oder 14 Tage in Quarantäne.“ (Ebd.) Zuständig für die Kontrolle, ob dies eingehalten wird, sind nach Aussage des Gesundheitsministeriums „die Gesundheitsämter vor Ort“ (ebd.). Diese verfügen aber aktuell weder über die notwendigen Daten noch das erforderliche Personal. „Man könne daher, heißt es in allen Städten, nur an die Vernunft der Rückkehrer appellieren und hoffen, dass sich alle Betreoffenen an die Quarantäne-Regelungen halten.“ (Ebd.)

Noch mal zu den Symptomen
In unserem Blog vom 13.7.2020 hatten wir über den sich zuspitzenden Konflikt um den Umgang mit Kindern, die Symptome aufweisen, berichtet. Bärbel Grothaus, Kita-Leitung in Köln, hatte sich diesbezüglich an  das MKFFI gewandt. Das Antwortschreiben, das wir in unserem Blog vom 17.7. zugänglich gemacht haben, relativiert die bisherige Position des MKFFI deutlich: Diese lautet: „Kinder dürfen generell nicht betreut werden, wenn sie Krankheitssymptome aufweisen. Die Art und Ausprägung der Krankheitssymptome sind dabei unerheblich.“ (Handreichung des MKFFI vom 25.05.2020, Seite 16) Im Antwortschreiben wird zunächst darauf hingeiwiesden, dass „(e)ine allgemeingültige Definition für eine eindeutige Diagnostik möglicher Krankheitssymptome… nicht gegeben werden (kann). Eine medizinische Diagnostik kann auch nicht durch die Eltern oder die Beschäftigten der Kindertagesbetreuung erfolgen. Die Kinderärzte wiederum haben darauf hingewiesen, dass eine Diagnostik in jedem Einzelfall nicht leistbar sei.“ Und weiter: „Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen und widerstreitenden Interessen ist es uns als Familienministerium nicht möglich, eine allen Interessen gleichzeitig gerecht werdende Lösung anzubieten. Aus unserer Sicht ist es auch nicht sinnvoll, mit weitergehenden Empfehlungen den Handlungsspielraum in der Praxis einzuschränken. Denn es muss möglich sein, dass Kindertagesbetreuungsangebote diese Vorgaben in einem partnerschaftlichen Miteinander mit den Eltern so auslegen, wie sie es für ihr spezifisches Angebot für richtig erachten. Dies kann dann einen strengen Umgang zu Folge haben oder auch einen, der stärker die Kinder oder auch die Eltern und deren Bedürfnisse in den Blick nimmt. Jede Entscheidung hat hier ihre Berechtigung und die Rückendeckung des Familienministeriums.“  Das schafft Gestaltungsspielraum für Leitungen und Träger vor Ort. ZU einer solchen Sichtweise passt auch die Einschätzung von KINDER brauchen KINDER (s.o), die diese in ihrer Pressemitteilung vom 9.7.2020 „Mit Schnupfennase auf unbstimmte Zeit zuhause“ formuliert haben: Sie zitieren den Virologen Kekulé: „Weltweit gilt der klassische Schnupfen mit der laufenden Nase nicht als COVID-19 Symptom, nur in Deutschland gibt‘s so einen kleinen Streit, ob das jetzt ein Symptom ist oder nicht. Nach meiner Auffassung ist der klassische Schnupfen, so wie er einem bei einem Kind begegnet, ohne weitere Symptome kein typisches COVID-19 Symptom.“

Was noch?
– Das von NRW-Familienminister Stamp mehrfach angekündigte Programm für Alltagshelfer*innen in der KIta (zuletzt in seinem Info-Schreiben vom 26.06.2020) ist auf den Weg gebracht (siehe auch unseren Blog vom 5.7.2020). Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat am 10. Juli das entsprechende Rundschreiben auf den Weg gebracht. Eine Kita kann für den Zeitraum vom 3. August bis zum Ende des Jahres bis zu 10.500 € beantragen, „eine Vollfinanzierung ohne Eigenanteil des Trägers.“ Entscheidend für den Erfolg des Programms wird sein, die erforderlichen Kräfte zeitnah zu gewinnen. Das wird nicht einfach. Die Regie und damit die Verantwortung hierfür iegt bei den Jugendämtern vor Ort.
– Die Umsetzung des NRW-Ferienprogramms mit Lernangeboten für Kinder aus benachteiligten Familien scheint nicht in gang zu kommen. „Die beiden großen Corona-Ferienprogramme des Landes laufen im Ruhrgebiet äußerst schleppend an“ (WAZ vom 6.7.2020, Seite 1). Lediglich fünf Kommunen im Ruhrgebiet greifen auf das mit 75 Millionen ausgestattete Programm zu. Die Förderbedingungen wurden erst in der Woche vor Ferienbeginn konkretisiert. „Damit sei zu wenig Zeit geblieben, um Angebote zusätzlich zu den bestehenden Ferienspielen in den Kommunen zu organisieren, sie bei den Schülern bekannt zu machen und Personal zu finden, heißt es aus den Rathäusern in Bochum, Herne, Oberhausen, Mülheim. Hagen und Hamm.“ (Ebd.) – Dass das Ferienprogramm mit großer Wahrscheinlichkeit kommen würde, zeichnete sich allerdings schon Ende Juni ab (siehe Blog vom 29.6.2020).
–  Auf der Website KINDER brauchen KINDER finden Sie ein Vielzahl von Informationen und  Anregungen zur aktuellen Situation, beispielsweise neue Studien zu Corona bei Kindern, Stand der Kita-Öffnungen im Bundesvergleich etc. Hier finden Sie auch den Zugang zu der Petition: Öffnung der Kindertagesstätten und Grundschulen.
–  Der „DGB fordert Grundsicherung für Kinder“ (WAZ vom 8.7.2020, Wirtschaft). Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Das sind rund drei Millionen Einzelschicksale, deren Benachteiligung in Zeiten von Corona zunimmt, weil viele dieser Kinder beispielweise nicht über einen Laptop verfügen um am Homeschooling teilzunehmen. Hier ist dringender Handlungsbedarf zur Einführung „eine(r) bedarfsorienierte(n) Grundsicherung“ (ebd.) als materieller Voraussetzung  für den schulischen Erfolg dieser Kinder.
– „Pandemi und Psyche“(Süddeutsche Zeitung [SZ] vom 11.+12.7.2020): Die Hamburger Uni-Klinik Eppendorf hat „1040 Kinder und Jugendlcihe zwischen 11 und 17 Jahren umd mehr als 1500 Eltern befragt… 71 Prozent der Befragten fühlten sich psychsich stark belastet, vor der Pandemi nur etwa ein Drittel… Betroffen seien vor allem Kinder aus armen Familien und mit ausländischen Wurzeln.“ (Ebd.)
Schulstart NRW: „NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) stellt einen `verantwortungsvollen Regelbetrieb´ und `schulische Normalität´ für die Zeit nach den Sommerferien in Aussicht.“ (WAZ vom 9.7.2020, Seite 1) Dazu der grüne Landeschef Banaszak: „`Auf einen Regelbetrieb zu hoffen, ohne echte Alterantiven zu haben, ist unverantwortlich.´“ (Ebd.)
– Beim Distanzunterricht, der auch im kommenden Schuljahr nicht ausgeschlossen werden kann, fordert die NRW-Schulministerin: „Die Leistungsbewertung muss sich im Distanzunterricht widerspiegeln.“ (WAZ vom 17.7.2020, Seite Rhein-Ruhr). Damit begibt sie sich in Widerspruch zu den Eltern. Die Vorsitzende der Landeselternkonferenz (LEK) Anke Staar sagt im WAZ-Interview dazu: „Mit wird übel bei der Frage, was da überhaupt bewertet werden könnte. Die Leistung der Eltern, die dem Kind helfen, oder die Leistungen des Schülers aus schwierigen Verhältnissen, der sich da alleine durchboxt?“ (Ebd. vom  14.7. 2020, Seite 1)